Paolo Bacigalupi (Autor*in)
- Altersempfehlung: ab 18 Jahren
- ISBN: 978-3-596-71089-8
- Erscheinungstermin: 24.09.2025
- Seiten:800
- Verlag: TOR
Covertext
Der Stadtstaat Navola ist auf Handel gebaut. Die Paläste und Türme sind dem Reichtum ihrer Kaufleute entsprungen. Gehandelt wird mit allem: Gerste und Reis, Flachs und Wolle, Eisen und Silber, Waffen, Armeen und Menschenleben.
Und über allem thront die Bank der di Regulai. Mit List, Gewalt und ihrem unerschöpflichen Vermögen verkörpert sie eine Weltmacht: Kaufleute bitten um ihre Unterstützung, Künstler um ihre Gunst, Fürsten um eine Einladung zu ihrer Tafel. Die di Regulai behaupten zwar, sie seien unpolitisch, aber mit ihrem Reichtum kaufen sie Städte und stürzen Königreiche.
Schon bald soll Davico di Regulai die Macht von seinem Vater übernehmen. Sein Schicksal hängt von zwei Dingen ab. Zum einen von seiner Fähigkeit, das komplizierte Spiel der navolanischen Diplomatie zu spielen. Zum anderen von einem versteinerten Drachenauge, das sich im Besitz der Familie befindet und das weit mehr als nur ein mächtiges Symbol ihrer Macht und ein Talisman ist.
Die ersten Kapitel haben mir tatsächlich richtig gut gefallen. Die Stadt Navola wirkt durch die vielen Details lebendig – man spürt die Enge der Gassen, riecht das Meer und hört fast das Stimmengewirr der Händler. Auch die Idee, dass Macht hier nicht durch Schwertkämpfe, sondern durch Informationen, Intrigen und Geld bestimmt wird, fand ich originell. Der Autor beschreibt das alles mit einer Sprache, die sehr bildhaft, manchmal fast poetisch ist.
Aber ehrlich gesagt: Es hat sich für mich auch ziemlich gezogen. Auf den ersten 300 Seiten passiert nicht viel außer Verhandlungen, geheimen Treffen und politischen Gesprächen, bei denen ich oft nicht mehr wusste, wer jetzt eigentlich mit wem intrigiert. Ich verstehe, dass das zum Aufbau der Welt dazugehört, aber manchmal war es einfach zu viel Gerede und zu wenig Handlung. Ich hatte gehofft, dass das „Drachenauge“ – also das magische Artefakt – eine größere Rolle spielt, aber es bleibt eher ein Symbol im Hintergrund. Für einen High-Fantasy-Roman hätte ich mir da mehr Magie gewünscht.
Trotzdem ist Navola kein schlechtes Buch. Es hat eine besondere Atmosphäre, die mich an alte Filme über die Renaissance erinnert. Die Figur von Davico, dem jungen Bankierssohn, ist glaubwürdig: Er ist intelligent, aber unsicher, hin- und hergerissen zwischen dem, was sein Vater von ihm erwartet, und dem, was er selbst will. Ich konnte gut nachvollziehen, wie er versucht, in dieser harten Welt seinen eigenen moralischen Kompass zu behalten. Gerade das fand ich spannend. Es gibt eben nicht nur Schwarz oder Weiß, sondern viele Grautöne.
Was mir weniger gefallen hat, waren einige sehr ausführlich geschriebene Szenen, in denen Davico seine „Entdeckungen“ über das andere Geschlecht macht. Ich verstehe, dass der Autor damit zeigen wollte, wie ein Junge erwachsen wird, aber manche Beschreibungen fand ich unnötig detailliert und fast peinlich. Da hätte weniger eindeutig mehr gewesen.
Insgesamt ist Navola ein Buch, das viel Geduld verlangt und belohnt vor allem die, die Spaß an politischen Machtspielen und historischen Welten haben. Wer auf Action, Magiesysteme oder schnelle Wendungen hofft, wird vermutlich enttäuscht. Ich selbst schwanke ein bisschen: Einerseits fand ich das Setting genial und die Idee mit dem Drachenauge faszinierend, andererseits hat mich das ständige Palaver wirklich ermüdet.
Mein Fazit:
Navola – Das Drachenauge ist wie ein riesiges, kunstvolles Mosaik – beeindruckend, aber manchmal verliert man den Überblick über die einzelnen Steine.
Ich würde es eher erwachsenen Fantasy-Fans empfehlen oder Jugendlichen, die historische Romane mit viel Politik mögen. Für mich war es eine interessante, aber anstrengende Lektüre – ein Buch, über das man diskutieren kann, auch wenn man es nicht unbedingt lieben muss.
Für Euch gelesen und rezensiert
Drachyputz

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