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Freitag, 13. Juni 2025

Fließt beschaulich vor sich hin - wie die Elbe

Flusslinien

Katharina Hagena (Autor*in)


  • Altersempfehlung: ab 18 Jahren
  • ISBN: 978-3462007299
  • Erscheinungstermin: 13.03.2025
  • Seiten: 400
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch

Covertext

Margrit Raven ist hundertzwei und wartet auf den Tod. Früher war sie Stimmbildnerin, jetzt lebt sie in einer Seniorenresidenz an der Elbe. Jeden Tag lässt sie sich von dem jungen Fahrer Arthur in den Römischen Garten bringen. Dort, mit Blick auf den Fluss, erinnert sie sich: an ihre Kindheit, den Krieg, ihre Liebhaber und an das, was sie über die einstige Gärtnerin dieses Parks weiß, Else, die große Liebe ihrer Mutter.

Die Erinnerungen halten Margrit am Leben – und die Besuche ihrer zornigen Enkelin. Luzie hat sich kurz vor dem Abitur von der Schule abgemeldet und übernachtet nun allein in einer Hütte an der Elbe. Während sie Margrit, deren Mitbewohner und sich selbst im Keller der Seniorenresidenz tätowiert, versucht sie, Stich für Stich, ihre Kraft und ihr Leben zurückzugewinnen.

Und dann ist da noch Arthur. Wenn er gerade niemanden zur Dialyse fährt, sucht er mit einer Metallsonde den Strand ab, erfindet Sprachen, kämpft für gefährdete Arten und ringt mit einer Schuld.

Um nicht vom Strom der eigenen Erinnerungen fortgerissen zu werden, müssen sich die drei auf sich selbst besinnen. Und aufeinander einlassen.

Rezension  

Der neue Roman von Katharina Hagena machte mich mit seinem Klappentext und dem atmosphärischen Cover sehr neugierig auf den Inhalt. Neben den drei Protagonisten spielt, wie der Titel erahnen lässt, ein Fluss eine tragende Rolle: die Elbe. Zwölf Tage werden beschrieben, jeweils beginnend mit einer stimmungsvollen Schilderung des Flusses und damit verbundener Vorgänge wie Wetterveränderungen, heimischen Tieren und Pflanzen oder dem Schiffsverkehr.

Aus abwechselnd geschriebener Sicht der drei Hauptfiguren Margrit, Luzie und Arthur bewegt sich die Geschichte zwischen dem Fortgang aktueller Geschehnisse und der Auseinandersetzung mit der eigenen, teilweise traumatisch behafteten Vergangenheit. Immer wieder werden dadurch Verbindungen zwischen den Figuren deutlich, das Lesepublikum lernt diese näher kennen und zunehmend kommen kleine und große Geheimnisse ans Licht, die das Verhalten und die Eigenheiten der Charaktere verständlich machen.

Durch die verschiedenen Sichtweisen taucht man in die jeweils eigene Welt der gerade erzählenden Person ein und erkennt nachvollziehbar die Beweggründe ihres Handelns. Dabei wird schnell deutlich: Margrit, Luzie und Arthur haben jeder für sich mit einigen Dämonen zu kämpfen, die sie teilweise zu ersticken drohen… Wenn man wie Margrit 102 Jahre alt ist, hat man nicht mehr viel Zukunft vor sich. Man bewegt sich eher in der Gegenwart und mental häufig in der Vergangenheit. Die alte Dame lässt ihr Leben Revue passieren und tut dies mit einer Mischung aus Humor, Ironie, Wehmut, Zweifeln und letztendlich Zufriedenheit. Immer wieder sinnt sie über ihre Familie nach.

Vor allem die Liebhaberin ihrer Mutter und Schöpferin des römischen Gartens in Hamburg, über die Margrit nur wenig weiß, fasziniert sie. Wer war diese starke Frau, die in einer Männerdomäne bestand, im Dritten Reich fliehen musste und diesen wunderbaren Garten schuf, den Margrit täglich besucht?

Neben dieser Frage widmet Margrit ihre Gedanken verflossenen Lieben, ihrem Sohn Frieder und gegenwärtig hauptsächlich ihrer Enkelin Luzie, die kurz vor dem Abi die Schule schmeißt und sich zunehmend ihrer Umwelt verschließt. Luzie besucht Margrit täglich und hat eine besondere Bindung zu ihrer Großmutter. Sie offenbart ihr, dass sie Tattoo-Künstlerin werden will, verheimlicht ihr aber, warum sie kein Abi macht.

Äußerlich baut sich Luzie eine harte Schale gegen die Außenwelt auf, doch innerlich zerbricht sie fast, denn sie hat Schreckliches erlebt. Während Luzie an ihrer Großmutter das Tätowieren übt und im Seniorenwohnsitz immer öfter auf Arthur trifft, lernt sie in kleinen Schritten, mit ihren Erfahrungen umzugehen und einen neuen Anfang zu wagen.

 Ein Neustart wäre auch das, was Arthur bräuchte, der bei den Senioren aushilft und Margrit täglich in den römischen Garten fährt. Doch auch er kann den Gespenstern der Vergangenheit nicht entkommen und muss lernen, mit dem Verlust seines Zwillingsbruders zu leben. Vielleicht kann Luzie ein Stück dazu beitragen, dass Arthur wieder positiv auf das Leben blickt?

Doch nicht nur die Protagonisten tragen interessante Biografien zur Geschichte bei, sondern auch die anderen Charaktere bieten skurrile, spannende, lustige und traurige Hintergründe, denen die Autorin nebenbei Raum gibt.

Katharina Hagena spickt ihren Roman mit vielen verschiedenen Themen, die angerissen, aber nur wenig tiefgreifend erörtert werden. Insgesamt habe ich die Geschichte gern gelesen, da mir der Schreibstil gut gefallen hat und unterhaltsam war. Wirklich spannend oder überraschend war das Buch jedoch nicht sonderlich, es fließt aber dennoch beschaulich vor sich hin - wie die Elbe

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