Posts mit dem Label FISCHER werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label FISCHER werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, 26. August 2025

Coming-of-Age-Story vor dem Hintergrund der Weltausstellung 1904

 Wild Song

Candy Gourlay (Autor*in) 


  • Altersempfehlung: ab 14 Jahren
  • ISBN: 978-3757101947
  • Erscheinungstermin: 28.05.2025
  • Seiten: 320
  • Verlag: Rotfuchs

Covertext

Die Reise in die vielgepriesene Neue Welt wird zur Katastrophe

Die 16-jährige Luki hat ihr ganzes Leben in den Bergen der Philippinen verbracht. Sie ist eine talentierte Jägerin und will Kriegerin werden, doch Mädchen dürfen nicht jagen. Und nun wollen die Stammesältesten, dass sie ihren besten Freund Samkad heiratet. Doch Luki will ihre Freiheit nicht aufgeben. Also beschließt sie, das Angebot von Truman Hunt anzunehmen und nach Amerika zu reisen, um an der Weltausstellung in St. Louis teilzunehmen. Doch nach einer langen und beschwerlichen Reise stellen die Philippinos fest, dass sie für die Besucher der Weltausstellung in einem behelfsmäßigen Dorf wie Tiere gefangen gehalten werden. Und Luki begreift, dass das Land der unbegrenzten Möglichkeiten seine Chancen sehr ungerecht verteilt.

Rezension  

In ihrem Roman "Wild Song" hat die Autorin candy Gourlay nicht nur eine einfache Coming-of-Age-Story geschrieben, sondern eine solche in den interessanten Kontext der Weltausstellung im Jahr 1904 gesetzt und mit vielen wichtigen Themen verknüpft.
 Die lesenden lernen die 16-jährige Luki kennen, die einem indigenen Stamm im philippinischen Hochland angehört. Luki bestreitet ihr Leben dort als Waise und gerät aufgrund ihres starken Charakters und Freigeistes immer wieder in Konflikte mit den Regeln der Dorfgemeinschaft. So liebt sie die Jagd, träumt von eigener Stärke, Freiheit und einer Rolle, die ihr als Frau nicht zugedacht ist. Als Lukis Freund ihr einen Heiratsantrag macht, ergreift sie die Flucht, indem sie sich freiwillig als Teilnehmerin für die in St. Louis (USA) stattfindende Weltausstellung meldet.
Angelockt von den Versprechungen der Amerikaner und das Abenteuer vor den Augen bricht Luki gemeinsam mit weiteren Mitgliedern ihres Stammes sowie fremder Stämme zu einer fast sechsmonatigen Reise per Fuß, Schiff und Zug unter der Obhut von Truman Hunt nach Amerika auf. Luki wird schnell mit Problemen konfrontiert, da ihr Gewalt, Hunger und plötzlich auch noch ihr verschmähter Bräutigam begegnen.
Als unter den Reisenden erste Todesfälle auftreten, Luki zum ersten Mal spürt, was Kälte bedeutet und sie von den Amerikanern teilweise feindselig begafft werden, wird langsam deutlich, dass diese Reise nicht das ist, was sich Luki erhofft hat. Sie stellt zunehmend fest, dass die vermeintlichen Beschützer sowie die amerikanische Gesellschaft insgesamt nur solange freundlich zu ihnen sind, wie die zur Schau gestellten Menschen aus aller Welt das tun, was von ihnen erwartet wird. Luki erfährt schmerzlich, was Rassismus bedeutet und wie tief dieser in der westlichen Welt verwurzelt ist. Sie muss sich letztendlich entscheiden: spielt sie die von der Gesellschaft aufgezwungene Rolle der zivilisierten Ureinwohnerin in Amerika oder kehrt sie in ihr Land und zum Stamm zurück? 
Ich habe diesen Roman mit Spannung gelesen, da ich den geschichtlichen Hintergrund der Weltausstellung sehr interessant und gleichzeitig auch erschütternd fand. Für derartige Ereignisse wurde eben auch vor über 120 Jahren schon ungeheuerlicher Aufwand betrieben, um die Menschen zu unterhalten und zu amüsieren. Heute ist es z.B. bei einer WM oder dergleichen nicht anders. Auf die Bedürfnisse der Menschen, die mitunter gezwungen sind mitzuarbeiten, nimmt keiner Rücksicht. Damals war es "normal", dass sich die sogenannte kultivierte Gesellschaft vor dem Hintergrund rassenideologischer Vorstellungen über fremde Kulturen hinweg setzte und diese ausbeutete. 
 
Durch Lukis eindringliche Geschichte erhalten die jungen lesenden einen emotionalen und realistischen Eindruck von den damaligen Umständen und dem Weg, den Luki gehen muss, um sich selbst zu finden. Der Schreibstil aus der Perspektive Lukis, die ihrer verstorbenen Mutter von den Ereignissen berichtet, mutet tagebuchähnlich an und wirkt fast wie ein gedanklicher Dialog. Dadurch lassen sich Lukis Gedanken und Handlungen sehr gut nachvollziehen. 
 
Der Roman ist für lesende ab 14 und älter geeignet, die auf der Suche nach einem besonderen Buch sind. Das Erwachsenwerden wird hier geschickt und einmal ganz anders mit Themen wie Vertrauen, Freundschaft, Abenteuer, Herkunft, Rassismus, Verlust, Erwartungen anderer und dem Finden der eigenen Stimme verbunden. Ich kann es Jugendlichen und Erwachsenen empfehlen, die mit rosaroten Romanzen nicht viel anfangen können, aber trotzdem Coming-of-Age-Storys mögen. 

Für Euch gelesen, zusammengefasst und empfohlen

Dr. Jekyll

Eine Fülle teilweise schwieriger Themen

Nach dem Sommerregen


Kristina Pfister (Autor*in)


  • Altersempfehlung: ab 18 Jahren
  • ISBN: 978-3596711239
  • Erscheinungstermin: 25.06.2025
  • Seiten: 352
  • Verlag: Fischer

Covertext

So unbeschwert wie ein Sommertag, so ernst, wie das Leben manchmal sein kann.

Früher haben sie fast jedes Wochenende im alten Ferienhaus der Familie verbracht, heute treffen sie sich dort nur noch zu besonderen Anlässen: Cecilia, Jonas und Marika Ritter wohnen in alle Winde verstreut, leben ihre eigenen Leben, versuchen, ihre eigenen Krisen zu bewältigen.

Als die Eltern sich trennen, das Haus verkaufen wollen und damit ihr sicherer Hafen wegzubrechen droht, wollen sie ein paar letzte Wochenenden gemeinsam dort verbringen. Zwischen Loslassen und Festhalten, im Versuch, sich als Familie neu zu finden, stellen sich die drei der Frage, wer sie eigentlich sind, ohne das Ferienhaus an der alten Mühle.

Rezension  

Auf der Suche nach einer sommerlichen Lektüre sticht der Roman „Nach dem Sommerregen“ von Kristina Pfister mit seinem schönen Cover ins Auge und verspricht ein sonniges Lesevergnügen. Da mir bereits die beiden bisher erschienenen Romane von Pfister gut gefallen haben, hatte ich dementsprechende Erwartungen an dieses Buch.
Im Mittelpunkt steht die Familie Ritter und ihr Sommerhaus, die „Ritterburg“. Dort trifft man sich alljährlich, um zu feiern, in diesem Jahr Walthers 70. Geburtstag. Er und Marianne sind ewig verheiratet und ihre drei Kinder Jonas, Cecilia und Marika kommen mit Kind und Kegel zu Besuch.
Doch jedes der inzwischen erwachsenen Ritter-Kindern hat seine ganz eigenen Probleme, Sorgen und Geheimnisse, die ihr Leben bestimmen und mit denen sie zum Fest anreisen. Auch die Eltern haben sich auseinandergelebt und verkünden ihrer überraschten Familie die Trennung. Eine umfängliche Geschichte nimmt ihren Lauf, die nicht so sommerlich leicht dahinplätschert, wie man vielleicht erwartet hat. 
Ungeplante Schwangerschaften, Wunschkinder, eingefahrene Partnerschaften, überfordernde Elternschaft, scheiternde Beziehungen und neue Lieben werden ebenso thematisiert wie verstrichene Chancen, goldene und verschüttete Erinnerungen, Abschiede und Neuanfänge. 
Das Buch ist in vier größere Abschnitte unterteilt, in welchem je ein Kind der Familie im Mittelpunkt steht. Zu Beginn jedes Kapitels findet sich immer ein Ausschnitt eines Telefonats, eine Chatnachricht, eine E-Mail oder ein Brief, meist aus der Vergangenheit, der die Puzzleteile der Geschichte zusammenführt und Lücken füllt. So wird dem Lesepublikum schnell deutlich: hier ist nicht alles so, wie es zunächst scheint. Dieses Stilelement hat mir sehr gut gefallen. 
Insgesamt war der Roman dicht bepackt mit allerlei Themen, was an einigen Stellen etwas überladen und gewollt wirkte. Es fehlte mir an Tiefe, da vieles nur oberflächlich
angesprochen wurde. Keine der Figuren war mir durchgängig sympathisch und dich konnte deren Emotionen und Handlungen manchmal nicht so gut nachvollziehen. 
Die Fülle der teilweise wirklich schwierigen Themen überdeckte das Sommergefühl beim Lesen, so dass die Geschichte phasenweise eher Schwermut verbreitete. Ich bin auf das nächste Buch von Kristina Pfister gespannt, welches vielleicht thematisch etwas abgespeckter, dafür aber tiefgründiger und stimmungsvoller daherkommt.

Für Euch gelesen, zusammengefasst und empfohlen

Dr. Jekyll

Eine Sommerlektüre aus Frankreich

Die Chance unseres Lebens


Sophie Astrabie (Autor*in)


  • Altersempfehlung: ab 16 Jahren
  • ISBN: 978-3758700170
  • Erscheinungstermin: 28.05.2025
  • Seiten: 288
  • Verlag: Fischer

Covertext

Er hatte versprochen, ihr das Meer zu zeigen. Und dann verschwand sie plötzlich aus seinem Leben. Zwanzig Jahre sind seitdem vergangen. Inzwischen führt Stanislas Gélin ein ruhiges Dasein, vielleicht sogar ein bisschen zu ruhig. Als er überraschend eine Nachricht von Sara erhält, bringt die alles durcheinander, auf einmal ist alle Vertrautheit zurück und eine andere Zukunft scheint möglich. Aber woran trägt Sara so schwer – trotz ihrer noch immer so ansteckenden Lebensfreude? Und ist Stanislas bereit, dieses eine echte Leben zu leben, auch wenn es ihm so viel Glück verspricht?

Rezension  

Was wäre gewesen, wenn…. Diese Frage stellen wir uns sicher einige Male im Laufe unseres Lebens. Oft bestimmen lang überdachte Entscheidungen, aber auch spontane Entschlüsse und nicht zuletzt tausend Zufälle den Werdegang jedes Einzelnen. Häufig wissen wir erst im Nachhinein, ob gewisse Dinge uns positiv oder negativ beeinflusst haben. Und noch häufiger bleiben uns die Chancen und Entwicklungen, die es vielleicht gegeben hätte, für immer verborgen. 
Über die Kraft einer zweiten Chance, schicksalhafte Zufälle und die Tatsache, dass
man sich immer zweimal begegnet, hat Sophie Astrabie einen unaufdringlichen, melancholischen und dennoch hoffnungsvollen Roman geschrieben. Im Mittelpunkt steht der fast vierzigjährige Stanislas, dessen Leben in nahezu immer gleichen, ruhigen Bahnen verläuft. Da sind die Arbeit, wenige Freunde und der sonntägliche Besuch bei den Eltern. Stanislas ist strukturiert, plant immer alle Eventualitäten ein und ist es gewohnt Zweiter zu sein. Seine Kindheit wird von dem Verlust des Erstgeborenen der Eltern überschattet, der ebenso Stanislas hieß. Selbst im Erwachsenenalter fühlt er sich oft als Ersatz, die Eltern sind inzwischen alt und seltsam geworden und alles plätschert ereignislos vor sich hin. Doch schlagartig tritt nach zwanzig Jahren Sara, Stanislas einstige (und einzig wirkliche) Liebe aus seiner Jugendzeit, wieder in sein Leben. Die exzentrische Frau verkörpert das Gegenteil zu Stanislas‘ Leben und stellt seine Welt mit seltsamen Dates, aufwühlenden Aussagen und Fragen sowie immer neuen Ideen auf den Kopf.
Durch Rückblenden in die Vergangenheit der beiden, wird ihre Beziehung zueinander sowie die Entwicklung des Einzelnen verdeutlicht und Handlungen nachvollziehbar gemacht. Sehr langsam und auf Umwegen finden die beiden miteinander ihren Weg, um Erfahrungen aufzuarbeiten und sich aufeinander einzulassen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen und stimmte mich trotz einer immer wiederkehrenden Melancholie nicht traurig. Den Lesenden wird sprachlich wunderbar vermittelt, dass jedes Leben seine Wirren und Verfehlungen hat, aber dennoch neue Wendungen alles verändert und neu gestaltet werden kann. Astrabies Schreibstil hat eine ganz eigene Poesie, wodurch Stimmungen und Szenen ohne zu viele Worte an Tiefe und Ausdruckskraft gewinnen. Sehr schön ist auch die Tatsache, dass die Erzählung nicht durch viele Charaktere, Handlungsstränge und Orte bzw. Geschehnisse ablenkt, sondern eher reduziert aufgebaut ist. So fällt es leicht, sich auf die Sprache und die Handlung einzulassen und das Buch zu genießen. 
Empfehlenswert ist das Buch für alle, die auf romantische Schnörkeleien gern verzichten, ein bisschen Tragik mögen und das leise, hoffnungsverheißende und dennoch offene Happy End lieben.

Für Euch gelesen, zusammengefasst und empfohlen

Dr. Jekyll

Schöne, freche und unkomplizierte Sommerlektüre

Ruby's Big Summer Bethwny Rutter Altersempfehlung: ab 12 Jahren ISBN:  978-3551586421 Erscheinungstermin: 31.07.2025 Seiten: 256 Verla...