Jella Lepman und ihre Bibliothek der Träume
Katherine Paterson / Sally Deng (Autor*in)
Altersempfehlung: ab 10 Jahren- ISBN: 978-3314107429
- Erscheinungstermin: 09.07.2025
- Seiten: 112
- Verlag: NordSüd
Covertext
Sie sammelt Tausende Kinderbücher und legt damit den Grundstein für die Internationale Jugendbuchbibliothek in München.
Rezension
Eine starke Frau mit einer außergewöhnlichen, selbstlosen Vision steht im Zentrum des Buches „Jella Lepman und ihre Bibliothek der Träume“. In einer Zeit, in der die Welt in Trümmern lag, setzte sich Jella Lepman dafür ein, dass Kinder – aber auch viele Erwachsene – ihrem zerstörten Umfeld zumindest für einen Augenblick entfliehen konnten: durch Kinderbücher aus aller Welt. Die Geschichte Lepmans war mir vor der Lektüre unbekannt, bleibt aber durch die Darstellung in diesem Buch eindrucksvoll im Gedächtnis.
Als Tochter aus gutem, gebildetem Hause erlebt Jella die Schrecken des Ersten Weltkrieges und verwitwet früh. Allein mit zwei Kindern erlebt sie erstmals Armut, arbeitet hart als Journalistin, engagiert sich politisch und kandidiert sogar für den Reichstag. Mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten ist Jella jedoch gezwungen, ins britische Exil zu gehen. Im Auftrag der Alliierten kehrt sie nach Kriegsende ins zerstörte Deutschland zurück, um beim Wiederaufbau zu helfen und sich insbesondere um die Belange von Frauen und Kindern zu kümmern. Schockiert von den Zuständen im chaotischen Nachkriegsdeutschland erkennt sie schnell, wie dringend vor allem Kinder Unterstützung benötigen. Bildung und psychische Gesundheit stehen für sie im Mittelpunkt.
Sie schreibt Briefe in über zwanzig Länder und bittet um Kinderbücher sowie gemalte Kinderbilder, um sie in einer Ausstellung zu vereinen und den durch den Krieg traumatisierten Kindern ein Stück ihrer Kindheit und Fantasie zurückzugeben. Doch wer möchte der kriegsverursachenden Nation Gutes tun? Unerwartet beteiligen sich dennoch fast alle kontaktierten Länder. Um ihr Projekt umzusetzen, muss sich Jella in einer männerdominierten Welt immer wieder gegen Widerstände behaupten. Auch die Finanzierung stellt eine Herausforderung dar, doch schließlich gelingt es ihr sogar, die First Lady der USA für ihre Idee zu gewinnen.
Die Ausstellung wächst und wird ein großer Erfolg. Für die Kinder, die dort nicht nur Bücher betrachten, lesen oder vorgelesen bekommen, sondern auch selbst kreativ tätig werden können, bedeutet sie einen Ort der Erholung: Hier schöpfen sie Kraft, Zuversicht und können den schweren Alltag für eine Weile hinter sich lassen. Schließlich finden die unzähligen Bücher ein dauerhaftes Zuhause. Jella Lepman wird Gründerin der Internationalen Jugendbibliothek in München.
Die Lebensgeschichte Jella Lepmans ist beeindruckend und wird von Katherine Paterson für Kinder ab etwa zehn Jahren verständlich und einfühlsam erzählt. Der Text ist sachlich, gut recherchiert und bietet nicht nur Einblicke in Lepmans Leben und die Entstehung ihrer Bibliothek, sondern auch in das Nachkriegsdeutschland jener Zeit. Seine volle Wirkung entfaltet das großformatige Buch jedoch erst durch die Illustrationen von Sally Deng. Die ausdrucksstarken Bilder in unterschiedlichen Formaten lassen die Geschichte lebendig werden. Durch die Kombination mit authentischen Fotos und eine gezielte Farbgebung – mal bunt, mal monochrom – werden Stimmungen eindrucksvoll transportiert und Szenen intensiviert.
Das Buch ist für historisch interessierte Kinder, aber auch für erwachsene Buchliebhaber eine große Freude. Vor allem Lepmans Botschaft ist aktueller denn je: Bücher öffnen Welten, nähren Geist und Seele und sind für die kindliche Entwicklung von unschätzbarem Wert.
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