Ziemlich zappenduster
Oliver Uschmann (Autor*in)
- Altersempfehlung: ab 11 Jahren
- ISBN: 978-3-407-81339-8
- Erscheinungstermin: 07.02.2024
- Seiten: 108
- Verlag: Beltz & Gelberg
Covertext
Stromausfall. Familie Fürstenberg sitzt in ihrer Wohnung fest. Ohne Heizung, Licht und warmes Wasser. Vater Lars hat die Energiekrise ignoriert und keine Vorräte eingekauft. Sein Motto: `Da passiert nix!´ bringt Mutter Jasmin auf die Palme. Und wie sollen Lisa und Niklas ohne Internet und Smartphone überleben? Aber Vater Lars will keine Hilfe. Schon gar nicht von den chinesischen Nachbarn aus dem 3. Stock. Lisa reicht es. Es wird Zeit, dass was passiert!
Ein brisantes, urkomisches “Was wäre wenn”-Szenario - auch für Kinder, denen das Lesen noch nicht leichtfällt.
Was passiert, wenn der Strom ausfällt? Nicht nur für eine Stunde oder einen Tag, sondern eine Woche oder länger. Welche Dynamiken entwickeln sich in einer Familie? Wie wird mit knappen Ressourcen umgegangen?
Oliver Uschmann beschreibt diese Situation sehr anschaulich am Beispiel von Familie Fürstenberg. Vater Lars kauft grundsätzlich nicht mehr als notwendig ein, lieber geht er zweimal am Tag zum Discounter. Lebensmittelvorräte sind in den Schränken der Familie nicht vorhanden. Als es zum landesweiten Stromausfall kommt und niemand das Haus verlassen darf, treibt der Mangel an gewohnten, alltäglichen Dingen die Familie an ihre Grenzen.
Interessant ist, wie sich im Verlauf der Zeit die Prioritäten verschieben. Wenn am Anfang noch über die Akkulaufzeit vom Handy nachgedacht wird, ist man später schon dankbar für ein Glas Wasser. Sehr anschaulich dargestellt sind auch die unterschiedlichen Phasen, welche die Familie durchläuft: Panik, Schuldsuche und -zuweisung, Hilflosigkeit, aggressiver Aktivismus, kriminelle Handlungen, Neid, Leugnen, Verschwörungstheorien, Resignation.
Im Haus wohnt noch Familie Shin, welche mit Balkonkraftwerk und ausreichend Vorräten für die Situation gut gerüstet sind. Das Hilfsangebot dieser Familie lehnt Vater Lars allerdings stolz ab. Tochter Lisa ist da viel pragmatischer und erstaunlich normal, wenn man die anderen Familienmitglieder betrachtet.
Die Geschichte wird von Lisa in der Ich-Form im Präsens erzählt. Dadurch werden die Lesenden schnell in die Handlung hineingezogen und nehmen sehr direkt am Verlauf teil. Das fiktive Gedankenspiel fühlt sich dadurch beim Lesen sehr real an. Schriftgröße, Zeilenabstand und Seitengestaltung sind großzügig und laden auch ungeübtere Leser*innen ab 11 Jahren zum Lesen ein. Die Kapitel sind angenehm kurz und in übersichtliche Abschnitte gegliedert.
Vater Lars ist mir leider bis zum Schluss nicht sympathisch geworden. Sein Verhalten hatte teilweise etwas von einem bockigen Kleinkind. Auch wenn er Burnout hat, der Sündenbock für die Familie ist und von seiner Frau permanent angezickt wird, kann ich über seine rassistischen und diskriminierenden Äußerungen nicht hinwegsehen. Immerhin hat er zum Ende heraus gefunden womit er zukünftig zum Lebensunterhalt beitragen möchte. Ich hatte auf Biogemüse von der Dachterrasse gehofft, stattdessen ist es ein Ladenlokal für den Notfall. Irgendwie hätte ich mir zum Schluss eine andere Botschaft gewünscht, als dass man mit der Not anderer Geschäfte machen kann.
Leider ist auch Mutter Jasmin für mich keine Sympathieträgerin. Sie kritisiert alles, trägt aber Null zur Konfliktlösung bei. Generell scheint sie sehr unzufrieden zu sein und nimmt es ihren Kundinnen sogar übel, wenn diese aufgrund der Situation nicht zum „Handauflegen“ kommen. Für mich ist das eine Familie, die auch ohne Stromausfall schon lange nicht mehr richtig funktioniert. Bruder Nicklas hat ein besonders merkwürdiges Hobby er versucht durch Clickbait im Internet reich zu werden. Im Hinblick auf dieses Hobby erscheint die Geschäftsidee des Vaters dann schon wieder logisch.
Auf jeden Fall bietet das Buch unglaublich viele Gesprächsanlässe und regt zu starken Diskussionen an, wirklich empfehlen möchte ich es aber nicht. Dem angekündigten Humor konnte ich leider auch nichts abgewinnen.
Für Euch gelesen und rezensiert
Emmy Lantern
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