»Wenn ihr es genau wissen wollt, hat unsere Haut die Farbe von
7-Eleven-Root-Beer. Die Farbe vom Sand am Rockaway Beach, von dem wir
Blasen an den Fußsohlen bekommen. Die Farbe der Kajalstifte, mit denen
unsere Schwestern ihre Augen umranden. Die Farbe von Erdnussbutter.«
Queens,
New York. Hier kämpft eine Gruppe von Mädchen darum, die
Migrationsgeschichten ihrer Familie mit der amerikanischen Kultur in
Einklang zu bringen. Rastlos durchstreifen sie die Stadt, die niemals
schläft, singen aus voller Kehle Mariah Carey, sehnen sich nach Jungs,
die unerreichbar sind, und brechen den erreichbaren die Herzen. Eins ist
für sie klar: Sie wollen für immer Freundinnen bleiben. Doch das
Älterwerden macht auch vor ihnen keinen Halt und all die neuen Wünsche
und Träume stellen die Freundschaft vor ungeahnte Herausforderungen.
Rezension
In kurzen Kapiteln gewährt uns die Autorin
blitzlichtartige Einblicke in die bunte, lebhafte, zwiespältige, traurige,
frustrierende und pulsierende Welt der „Brown Girls“ im New Yorker Stadtteil
Queens, besser gesagt „dem miesen Teil von Queens“. Dort leben sie mit ihren
Familien, die allesamt Einwanderer sind: Mädchen aus allen Teilen der Erde,
deren Eltern versuchen, in Amerika ihren Traum zu leben. Viele der Mädchen
wurden bereits hier geboren, andere sind mit den Eltern als Kleinkinder
hergekommen. Die Erzählerin beschreibt stets in der Wir-Form den Alltag der
Brown Girls, begonnen in der Kindheit mit ca. neun Jahren bis hinein ins Erwachsenenalter.
Dabei geht es jedoch nicht rein um „die“ Mädchen mit „der“ dunklen Hautfarbe, sondern
um alle Facetten der eingewanderten Bevölkerung Amerikas: Koreaner, Mexikaner, Kubaner,
Chilenen, Tahitianer, Afrikaner usw., denn „brown“ hat viele Schattierungen.
Die Autorin nimmt die Lesenden mit auf eine
abwechslungsreiche Reise durch verschiedene Zeitabschnitte. Konkrete
Protagonisten gibt es dabei nicht. Es werden zwar ab und zu Einzelschicksale beschrieben,
aber ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Daher entsteht der Eindruck, dass es
sich um eine umfassende Gesamtperspektive auf die Lebenswirklichkeit der Brown
Girls handelt. Im Schreibstil finden sich sowohl umgangssprachliche Ausdrücke
des Slangs der Mädchen als auch poetisch beschriebene, intellektuelle Passagen,
die erkennen lassen, dass es die Mädchen durch gute Bildung zu etwas gebracht
haben.
Viele interessante und wichtige Themen kommen
in den kurzen Kapiteln durch Szenenbeschreibungen, vor allem aber durch
Einblicke in die Emotionen der Mädchen zur Sprache. Der Stadtteil Queens wird
beschrieben, die Familien der Mädchen, ihr Schulleben von der Grundschule bis
zur Universität, denn erklärtes Ziel vieler Brown Girls ist es, Träume wahr
werden zu lassen, es besser zu haben als ihre Eltern und vor allem Queens den Rücken
zu kehren. Nicht allen gelingt dies und denen, die es schaffen, fällt es nicht leicht,
sich abzukehren von ihrem Zuhause.
Viele tiefgreifende Momente der Zerrissenheit
und vielschichtige Themenkomplexe werden im Buch eröffnet, die Potential für
Diskussionen ermöglichen. Durch den Schreibstil der Autorin wird die Lebenswelt
der Mädchen realistisch dargestellt. Themen wie Rassismus,
Bildungsgerechtigkeit, sozialer Auf- und Abstieg, Sexualität, die Suche nach
Heimat, Konsumgesellschaft und immer wieder die Liebe zu Familie, Freunden und
Partnern jeglicher Art werden aus Sicht der Brown Girls betrachtet und
bewertet.
Anfangs fiel es mir nicht leicht, mich auf den
Schreibstil und die Tatsache, dass es keine zusammenhängende Geschichte mit
klaren Hauptcharakteren ist, einzulassen, doch gerade das macht es im Endeffekt
zu einem gelungenen Gesamtwerk. Das Buch eignet sich als Lektüre ab etwa 15
Jahre für alle Geschlechter, vor allem, wenn man bereit ist, sich auf die
genannten Themen einzulassen. Auch als Unterrichtslektüre empfehlenswert.
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