Donnerstag, 22. Mai 2025

Eine Reise quer durch Europa

101 Places for heartbroken people

Ria Radtke (Autor*in)

  • Altersempfehlung: ab 16 Jahren
  • ISBN: 978-3-7457-0472-3
  • Erscheinungstermin: 25.03.2025
  • Seiten: 400
  • Verlag: reverie

Covertext

Rezension 

101 Places for Heartbroken People“ nimmt uns mit auf eine Reise quer durch Europa, eine Reise, auf der wir gemeinsam mit Maeve und Callum den Spuren tragischer Liebespaare folgen. Orte wie Verona und Paris spielen eine zentrale Rolle, doch es geht nicht nur um romantische Plätze, sondern auch um die gemeinsame, schmerzhafte Vergangenheit, die die beiden verbindet.

Wieder einmal ein Buch, auf das ich mich wahnsinnig gefreut habe. Und ich muss sagen: Der Einstieg ist wirklich gelungen. Besonders gut gefallen hat mir, dass wir die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erleben dürfen, durch die wechselnden POVs von Maeve und Callum erhalten wir tiefe Einblicke in ihre jeweiligen Welten.

Auch die Idee des Roadtrips fand ich grundsätzlich schön umgesetzt. Der Anfang war spannend und vielversprechend. Leider verflog die anfängliche Begeisterung bei mir recht schnell. Irgendwann wurden mir die Beschreibungen der Sehenswürdigkeiten einfach zu viel – ich hatte das Gefühl, sie nahmen der eigentlichen Geschichte ihren Raum. Auch die separaten Reisetagebucheinträge empfand ich als überflüssig. Stattdessen hätte ich mir mehr Fokus auf die Beziehung zwischen Maeve und Callum gewünscht.

Apropos Maeve und Callum: Bei den beiden Protagonisten habe ich ebenfalls ein paar Kritikpunkte. Natürlich ist klar, dass sie sich nach ihrer Vergangenheit nicht direkt wieder in die Arme fallen, aber die emotionale Distanz, die zwischen ihnen herrscht, zieht sich meiner Meinung nach zu lange durch die Geschichte. Das erste Aufeinandertreffen der beiden wurde ziemlich nüchtern abgehandelt, wie bei einer Bestellung. Bei dem Hintergrund hätte es doch ein Moment voller Aufruhr und tiefer Gefühle sein müssen. Doch das blieb leider aus.

Was mir eindeutig gefehlt hat, waren echte, greifbare Emotionen. Der Schmerz, der in einem Buch mit dem Titel „Heartbroken“ eigentlich mitschwingen sollte, blieb für mich aus. Ja, die beiden sind irgendwie gebrochen, aber in ihren Interaktionen spürt man das kaum. Dabei müsste gerade dort die Emotionalität zum Ausdruck kommen.

Die Grundidee des Buches finde ich nach wie vor großartig, auch die Hintergrundgeschichte ist durchdacht und spannend. Leider haperte es für mich an der Umsetzung. Selbst der vermeintliche Plottwist war wenig überraschend, da frühzeitig entsprechende Hinweise gestreut wurden.

Ich könnte mir vorstellen, dass das Buch gut als Urlaubslektüre funktioniert, oder für alle, die sich für tragische Liebesgeschichten interessieren und gerne gedanklich durch Europa reisen. Für mich persönlich war es leider nicht das, was ich mir erhofft hatte. Schade.

Für Euch gelesen, rezensiert und empfohlen

Zeilenflüsterin / @plot.tweety

Sonntag, 18. Mai 2025

Ein behutsamer Einblick in die Zeit des Krieges und des Holocausts

  Wie ein Foto unser Leben rettete

Maya C. Klinger (Autor*in)

Isabel Kreitz (Illustrator*in)


  • Altersempfehlung: ab 7 Jahren
  • ISBN: 978-3458644934
  • Erscheinungstermin: 14.04.2025
  • Seiten: 120
  • Verlag: Insel

Covertext

Der fünfjährige Gavra Mandil lebt mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester Irena in Jugoslawien. Der Vater ist Fotograf und die Geschwister freuen sich immer sehr, wenn sie ihn in seinem Geschäft besuchen dürfen und fotografiert werden. Doch mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs gerät Gavras heile Welt aus den Fugen. Das Land wird von den Nazis besetzt und alle jüdischen Menschen müssen nun einen gelben Stern tragen. Auch Gavra und seine Familie. Als ihnen die Deportation droht, beschließen sie zu fliehen. Der Weg ist gefährlich, doch dank eines ganz besonderen Fotos von Gavra und Irena unterm Weihnachtsbaum kann die Familie entkommen. Lange irren sie umher und finden schließlich Schutz bei einer albanischen Familie, die sie vor den Nazis versteckt und allen das Leben rettet.

Rezension  

Der Titel und das Cover dieses Kinderbuches haben mich sofort angesprochen, da ich mich sehr für das Thema der Judenverfolgung im Dritten Reich und vor allem das Überleben dieser Menschen interessiere. In diesem Buch wird eindrucksvoll dargestellt, wie viel Glück, Zufälle und vor allem Nächstenliebe es bedurfte, um diese schreckliche Zeit zu überstehen. Die von Maya C. Klinger nacherzählte Geschichte der Familie Mandil, welche aus der Ich-Perspektive des jüdischen Jungen Gavra Mandil beschrieben ist, macht für junge Lesende in Ansätzen, aber dennoch nachhaltig deutlich, was damals geschah. 
 
Auf dem Cover begegnet uns die vierköpfige jugoslawische Familie Mandil, die vor ihrem Fotogeschäft in Novi Sad steht. Sie leben ein beschauliches Leben, haben ihr Auskommen und sind glücklich. In der Gesellschaft werden sie geachtet und geschätzt. Für den kleinen Gavra ist das Thema Krieg weit weg, doch er nimmt eine zunehmende Unruhe unter den Erwachsenen wahr. Noch versteht er nicht in vollem Ausmaß, was die näher rückende deutsche Armee für seine Existenz bedeutet, doch eines begreift er schnell: da sie jüdischen Glaubens sind, schweben sie in Gefahr. Von einem Besuch bei der geliebten Großmutter in Belgrad kann die Familie nicht in ihre Heimatstadt und das Haus zurückkehren. Die Eltern planen von Belgrad aus eine Flucht, die auch Gavra und seiner kleinen Schwester viel abverlangt. Es beginnt eine Odyssee durch viele Orte, zu Fuß, mit dem Esel, auf Lastern oder mit der Eisenbahn, immer unter falscher Identität und mit der Angst im Nacken, entdeckt zu werden. 
Durch Zufall entgeht die Familie immer wieder der Verhaftung und kommt letztendlich in Albanien an. Dort erfahren sie die besonderen Schutz der Landsleute, für die es zum Ehrenkodex gehört, Gäste zu beschützen. Auch in Albanien leben die Mandils getarnt und versteckt, doch sie überleben. Was ein besonderes Foto damit zutun hat, lest ihr am besten selbst. Das Foto ist für mich ein großes Symbol für alle, teilweise fast surrealen kleinen und großen Zufälle, die sich damals oft schicksalsentscheidend auswirkten.
Dieses Buch setzt ein Zeichen der Hoffnung und zeigt auf, dass schutzsuchende Mitmenschen, ungeachtet ihrer Herkunft, Religion oder des äußeren Erscheinungsbildes, unsere Unterstützung brauchen. Es kann gerade in der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung nicht genug derartige Kinderbücher geben, die einer erstarkenden Fremdenfeindlichkeit entgegenwirken. Dies gelingt meines Erachtens nach durch die Berichte von Zeitzeugen am besten. Daher ist das Buch eine wertvolle Gelegenheit, Kinder für das Thema aufzuschließen und erste Eindrücke diesbezüglich zu vermitteln. 
Maya C. Klinger ist es sehr gut gelungen, die Verfolgung jüdischer Menschen kindgerecht darzustellen. In der Erzählung werden keine erschreckende Details aufgeführt, die Kinder eventuell verstören könnten. Dennoch sind die Angst und Gefahr sowie die widrigen Umstände während der Flucht und in den Verstecken für die Leserschaft spürbar. Im Grundsatz ist die Geschichte sehr positiv und lebensbejahend geschrieben, der Fokus wird vor allem auf die Helfer, Freunde und glücklichen Fügungen gelegt, die das Überleben der Mandils ermöglichten.
Die Wahl der Ich-Perspektive des kleinen Gavra erachte ich als sehr gelungen, da sich Kinder dadurch gut in dessen Position hineinversetzen können. Ganz toll sind die Illustrationen von Isabel Kreitz sowie einige Originalfotos, welche einzelne Szenen hervorheben und die Geschichte sowie die Protagonisten lebendiger machen. Auch das Nachwort, welches Gavras Lebensweg und den der wichtigsten Menschen im Buch kurz anreißt, stellt die besondere Bedeutung von Hilfsbereitschaft, Mitgefühl und Freundschaft noch einmal zusammenfassend heraus. 
Ich habe das Buch an einem Abend gelesen und war sehr positiv beeindruckt. Für alle Eltern, Großeltern und pädagogisch Tätige empfehle ich das Buch sehr, wenn es darum geht, Kindern einen ersten, behutsamen Einblick in die Zeit des Krieges und des Holocausts zu vermitteln. Die Kinder sollten jedoch grundsätzlich ein wenig Vorwissen bezüglich des Judentums als Religion besitzen und auch grob über den 2. Weltkrieg Bescheid wissen. Daher empfehle ich das Buch ab etwa 8 Jahren. 
Dank der einfach verständlichen Sätze und kurzen Kapitel eignet es sich auch sehr gut zum selber lesen. Ich kann mir das Werk auch Klassenlektüre vorstellen, da es sicher bei vielen Kindern Fragen aufwirft und zahlreiche Möglichkeiten bietet, sich z.B. auch in der eigenen Umgebung mit jüdischem Leben und den Geschichten aus der Zeit des Krieges auseinanderzusetzen.
Für Euch gelesen, zusammengefasst und empfohlen

Dr. Jekyll

Ein minimalistisches, intensives Buch

 Mit Menschen

Jairo Buitrago (Autor*in)

Manuel Monroy (Illustrator*in)


  • Altersempfehlung: ab 6 Jahren
  • ISBN: 978-3949239373
  • Erscheinungstermin: 07.04.2025
  • Seiten: 32
  • Verlag: Jupitermond

Covertext

Im Laufe deines Lebens begegnest du unzähligen Menschen – auf der Straße, beim Einkaufen, im Café oder im Bus. Es sind flüchtige Augenblicke, in denen sich eure Wege kreuzen. Doch wie spannend wäre es, die Geschichten hinter diesen Menschen zu kennen? Jairo Buitrago, einer der bedeutendsten Bilderbuchautoren Lateinamerikas, hat in diesem poetischen und kostbaren Werk besondere Momente des Alltags eingefangen. Mit zarten Illustrationen, die jede Geschichte zum Leben erwecken, zeigt dir dieses Buch kleine Erinnerungen und Momentaufnahmen aus dem Leben der Menschen in der Stadt. Es sind Geschichten wie deine – voller kleiner Abenteuer, Geheimnisse und Überraschungen.

Rezension  

Jeden Tag begegnen wir überall um uns herum vielen unterschiedlichen Menschen, welche wir nur für einen Augenblick oder meist gar nicht bewusst wahrnehmen. Sie laufen an uns vorbei, sitzen neben uns in der Bahn, stehen vor uns in der Warteschlange oder sitzen am Nachbartisch im Café. 
Dieses Bilderbuch von Jairo Buitrago und Manuel Monroy nimmt genau diese Situationen in den Fokus und macht den Lesenden bewusst, dass jeder unserer Mitmenschen seine Geschichte hat. Mit einem kurzen, prägnanten Text bestehend aus wenigen Sätzen gewährt Jairo Buitrago uns Einblick in einen kleinen Moment im Leben des abgebildeten Menschen im Rahmen einer alltäglich, flüchtigen Begegnung. Ähnlich eines kurzen Blitzlichtes bekommen wir einen minimalen, aber vielsagenden Impuls zur jeweiligen Person, der zum Nachdenken anregt und den Wunsch weckt, mehr über die Menschen erfahren zu wollen. Der zufällig die Straße überquerende Mann, die aus dem Fenster lehnende Frau und das Kind auf dem Arm der Mutter werden durch die Texte in Verbindung mit den Illustrationen von Manuel Monroy von schemenhaft am Rand unserer Wahrnehmung auftauchenden Menschen zu Individuen, die genauso denken, fühlen, träumen und handeln wie wir selbst. Sie werden vom „Irgendjemand“ zum Mitmenschen.
Das Wortspiel des Titels „Mit Menschen“ in Verbindung mit dem Fokus des Autors auf unseren Mitmenschen finde ich sehr gelungen. Auch die weichgezeichneten und nicht überladenen, sondern eher Ruhe ausstrahlenden Bilder in gedämpften Farbtönen gefallen mir besonders gut. Text und Bild ergänzen sich harmonisch. Die Illustrationen nehmen jeweils eine Seite des Buches ein, während der Text auf der anderen Seite abgedruckt ist. Als Lesepublikum sollte man sich die Zeit nehmen und zunächst die Bilder eingehend betrachten, bevor man zum Text übergeht. So kann sich die Fantasie frei entfalten und eigene Gedanken zur abgebildeten Person bekommen Raum. Durch den Text werden verschiedene Emotionen hervorgerufen, die uns rasch mitfühlen lassen. Auch Jairo Buitrago und Manuel Monroy nehmen einen Platz im Buch ein und stellen sich als unsere Mitmenschen vor. Am Ende des Buches fügen sich die einzeln auf den vorangegangenen Seiten vorgestellten Szenen zu einem Gesamtbild zusammen, was bei mir Einen schönen Aha-Effekt auslöste und das Buch toll abrundet. Zum Schluss wird gefragt, an welche Begegnung wir uns erinnern. 
Dieses minimalistische, aber doch intensive Buch regt auf besondere Weise zum Nachdenken über die Menschen um uns herum an und lädt ein, den Blick zu weiten und einmal hinter die Kulissen jedes Einzelnen zu schauen. Ich finde, dass es nicht ausschließlich ein Kinderbuch ist, sondern sich auch sehr gut als Geschenkbuch für Erwachsene eignet. Kinder ab etwa sechs bis sieben sind meines Erachtens nach gut mit entsprechender Begleitung in der Lage, den Inhalt zu verstehen und sich Gedanken zum Buch zu machen. Für jüngeres Klientel empfinde ich es als zu abstrakt. Insgesamt habe ich mich sehr über diesen schönen Bücherschatz gefreut und lese ihn immer wieder gern. Die Botschaft einer intensiveren Wahrnehmung unserer Mitmenschen ist hier wunderbar dargestellt und in unserer heutigen Gesellschaft wichtiger denn je.
Für Euch gelesen, zusammengefasst und empfohlen

Dr. Jekyll

Rom-Com mit Kleinstadt-Feeling

Story of My Life Lucy Score  (Autor*in) Altersempfehlung: ab 16 Jahren ISBN: 978-3-426-56362-5 Erscheinungstermin: 13.03.2025 Seiten: 592 V...